Karl Nolle, MdL

DNN, 05.01.2001

Ex-OB-Bewerber Nolle: Rückzug soll Bündnis doch noch ermöglichen

"Berghofer wäre Zerreißprobe"
 
DRESDEN. Dresdens Sozialdemokraten stehen vor den Scherben ihrer Pläne für die Oberbürgermeisterwahl am 10. Juni. Karl Nolle, vom Stadtausschuss der Partei für die OB-Kandidatur vorgeschlagen, steht nicht mehr zur Verfügung. Die für Sonnabend vorgesehene Mitgliederversammlung, die den offiziellen Bewerber wählen sollte, ist abgesagt. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Die DNN-Redakteure Dirk Birgel und Stefan Alberti sprachen mit Karl Nolle, der als Landtagsabgeordneter weiter in der Politik bleiben will und gestern nach seinem Rückzug recht gelassen wirkte.

DNN: Das war ein Paukenschlag, bei dem uns am meisten der Zeitpunkt überrascht hat. Denn Kritik gab es ja schon lange.

Karl Nolle: Ich wollte Herr meiner Entscheidung bleiben, und dies war dazu die letzte reale Möglichkeit. Wenn ich erst den Parteitag hinter mir gehabt hätte mit einer großen Mehrheit die ich gekriegt hätte dann wäre ein späterer Rückzug zurecht eine Enttäuschung für die vielen Parteifreunde gewesen, die mich unterstützt haben und unterstützen.

DNN: Was hat den Ausschlag gegeben?

Karl Nolle: Entscheidend war, dass das angestrebte Bündnis mit PDS und Grünen mit der Begründung nicht zustande kam, dass der Nolle das Hindernis dafür sein sollte. Da habe ich mir letztendlich gesagt: Wenn das so ist, dass Du der Bremsklotz bist, dann musst Du diesen Bremsklotz beseitigen und dann werden wir sehen, ob wir dieses Bündnis hinbekommen.

DNN: Aber die Ablehnung durch die PDS war doch spätestens seit Anfang November eindeutig.

Karl Nolle: Da hatte es noch keine Gespräche mit PDS und Grünen gegeben, die wir gefordert haben: Angefangen haben die erst Ende November, das letzte hat zwei Tage vor Weihnachten stattgefunden. Da mussten wir zur Kenntnis nehmen: Dieses Bündnis ist gestorben. Mit dem PDS-Vorschlag von Christine Ostrowski als Bündniskandidatin war das ziemlich klar.

DNN: Sie hatten von Anfang an eisigen Gegenwind und haben doch lange gesagt: Das stehe ich durch. Warum haben Sie sich das angetan?

Karl Nolle: In anderen Parteien ist diese Form der Auseinandersetzung doch nicht anders. Was in der CDU im Vorfeld zur Wagner-Kandidatur abgelaufen ist, war nicht weniger unfreundlich. Diese Hürden sind für einen Kandidaten auch ein Stück weit die Nervenprobe aufs Exempel: Wenn er das nicht durchsteht, dann braucht er eigentlich zur Wahl nicht anzutreten. Und als solches habe ich das auch aufgefasst. Was mich etwas überrascht hat, ist die relativ schnelle Ablehnung von PDS und Grünen und zwar deshalb, weil ich mit Sicherheit der Einzige aus der Dresdner SPD bin, der überhaupt eine Klammer bilden kann zwischen diesen drei Parteien.

DNN: Was waren denn die Gründe der Ablehnung: Nolle, der Wessi? Nolle, der Unternehmer? Nolle, der Schröder-Freund? Oder dass die in Dresden große PDS sagt, es kann nicht sein, dass wir einen Mann mit Parteibuch der kleinen SPD unterstützen?

Karl Nolle: Christine Ostrowski hat das mal sehr treffend gesagt: Wenn wir Nolle als gemeinsamen Kandidaten aufbauen, dann wird er so groß, dass wir an ihm nicht mehr vorbei kommen. Das ist aber für jeden Kandidaten so. Das Problem, das ich bei der PDS sehe, ist ein ganz anderes: Die lassen sich auf ein Spiel mit einem Phantom ein und wissen noch gar nicht, welche Politik dahinter steht. Ich habe noch keinen einzigen politischen Satz von Berghofer gehört....

DNN: ...wir auch nicht...

Karl Nolle: ... und ich kann dazu nur sagen, ich habe sehr große Sorge, dass seine Unerfahrenheit in Demokratie zu groß ist, um in heutiger Zeit ein wichtiges Amt auszufüllen abgesehen von anderen Dingen, die ich aber hier nicht thematisieren will.

DNN: Das heißt, für die SPD gibt es die Alternative Berghofer definitiv nicht?

Karl Nolle: Berghofer wäre eine Zerreißprobe für die SPD. Denn darin sind etliche zehn Jahre Bautzen versammelt, und diese Genossen sind dann zu Recht auf den Barrikaden.

DNN: Nichtsdestotrotz will sich SPD-Chefin Volkmer derzeit nicht festlegen, was die SPD ohne Sie bei einer Berghofer-Kandidatur macht. Mit Ihnen war klar: Für den ziehe ich nicht zurück.

Karl Nolle: Ich weiß nicht, ob nicht auch große Teile der SPD im Falle einer Alternative Berghofer oder Wagner nicht Wagner wählen würden. Ich habe auch deshalb gesagt: Ich ziehe durch weil ich unsere Wähler nicht Wagner in die Arme laufen lassen wollte.

DNN: Sehen Sie denn noch eine Möglichkeit, einen gemeinsamen Kandidaten hinzubekommen?

Karl Nolle: Ich glaube, dass der noch kommen kann. Das hängt aber ganz davon ab, ob die PDS und auch die Grünen sich aus ihrer Parteienge befreien.

DNN: Auch aus dem Großraum Dresden?

Karl Nolle: Es gibt dafür eine Reihe von Persönlichkeiten. Aber es ist ja nicht nur die Frage, ob man jemanden findet der muss auch wollen. Das war das größte Problem in unserem Findungsprozess. Und ohne überheblich zu sein: Ich bin aus Dresden derjenige, der mit einem Bündnis die größten Chancen gehabt hätte.

DNN: Warum ist es eigentlich nicht gelungen, die Alternative Wagner-Stüdemann aufzumachen?

Karl Nolle: Stüdemann hat diese Kandidatur abgelehnt, weil er sie nicht wollte. Er ist noch mal im Oktober gefragt worden, er ist auch von sehr hoch angebundenen Leuten gefragt worden..

DNN: ... von Müntefering.

Karl Nolle: Jedenfalls aus der Ebene. Denn die müssten ihm ja im Falle eine Niederlage eine Absicherung geben.

DNN: Es wäre doch kein Problem, für ihn im Ruhrgebiet ein Bundestagsmandat oder einen Listenplatz zu finden.

Karl Nolle: Stüdemann will nicht. Und zwar wegen der Parteienkonstellation in Dresden. Die reden alle von Bündnis, haben aber in zehn Jahren keines zustande gebracht. Das Bündnis kann ja nicht nur darin bestehen, einen Oberbürgermeister zu wählen. Man muss gemeinsam Politik machen.

DNN: Wagen Sie eine Prognose, ob wir einen Kandidaten Berghofer erleben?

Karl Nolle: Da das Wichtigste bei ihm das Ego ist und er noch eine Rechnung offen hat, denke ich, dass er antreten wird. Ich hoffe es nicht, weil es aus meiner Sicht schlecht für Dresden wäre es sei denn, er zeigt mir, dass er inzwischen Demokrat geworden ist.

(Dirk Birgel, Stefan Alberti)

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