Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 13:40 Uhr, 02.09.2012

Armutsrisiko für Rentner größer als gedacht -

 
Im Oktober wollen die Koalitionsspitzen über die Zuschussrente entscheiden. Jetzt hat Arbeitsministerin von der Leyen neue Zahlen vorgelegt. Danach droht Millionen Rentnern ab 2030 der Absturz in die Sozialhilfe.

Berlin (dpa) - Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen schlägt Alarm: Das Armutsrisiko künftiger Rentner ist nach neuen Berechnungen ihres Hauses noch größer als gedacht. Danach bekommen vom Jahr 2030 an selbst Arbeitnehmer, die heute 2500 Euro brutto im Monat verdienen und 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, nur eine gesetzliche Rente in Höhe der Grundsicherung von 688 Euro.

Alle, die weniger als 2500 Euro verdienten und keine private Vorsorge betrieben, müssten «mit dem Tag des Renteneintritts den Gang zum Sozialamt antreten», heißt in einem Schreiben von der Leyens an die Junge Gruppe der Unionsfraktion, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Wer 40 Jahre in die Rentenkasse einzahle, müsse konstant mindestens 2200 Euro verdienen, um eine Rente knapp über der Grundsicherung zu bekommen.

In dem Brief, über den zuerst die «Bild am Sonntag» berichtet hatte, wirbt die Ministerin nochmals für ihr Modell der Zuschussrente, das eine Aufstockung der Rente auf maximal 850 Euro pro Monat vorsieht. Das stößt nicht nur bei der FDP, sondern auch in Teilen der Union auf Ablehnung. Die Junge Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte zuletzt vor zusätzlichen Milliardenbelastungen für die Sozialsysteme gewarnt.

In ihrem Brief weist von der Leyen darauf hin, dass 40 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Geringverdiener - insgesamt 1,8 Millionen - keine private Altersvorsorge betreiben. «Viele realisieren nicht, dass auch sie von Altersarmut bedroht sind, und dass sie zwingend eine zusätzliche Altersvorsorge brauchen, um der Armutsfalle im Rentenalter zu entkommen.»

Grund für das steigende Armutsrisiko sind die beschlossenen Rentenreformen, nach denen das Rentenniveau bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns vor Steuern sinkt. In der SPD werden deshalb bereits Forderungen laut, darauf zu verzichten und das Rentenniveau auf dem aktuellen Stand einzufrieren.

Laut «Spiegel» haben sich der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner und sein Bremer Kollege Andreas Bovenschulte hinter einen entsprechenden Vorstoß des Berliner SPD-Landesverbandes gestellt. Von der Leyen lehnt die Forderung strikt ab, weil sie eine Überlastung des Rentensystems fürchtet.

Eine Entscheidung über die Zuschussrente soll in der nächsten Sitzung des Koalitionsausschusses voraussichtlich Mitte Oktober fallen. Um ihre Kritiker zu überzeugen, hat von der Leyen die Junge Gruppe der Unionsfraktion nun für Mittwoch in ihr Ministerium eingeladen.

Die FDP bleibt bei ihrem Nein zur Zuschussrente. «Die würde Milliarden kosten. Dafür haben wir aber kein Geld in der Rentenkasse», sagte Parteichef Philipp Rösler der «Welt am Sonntag». Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüder bekräftigte, die Zuschussrente sei im Koalitionsvertrag nicht vereinbart. «Wenn Frau von der Leyen dafür in ihrem Haushalt Mittel sieht, kann sie die gerne umbuchen», sagte er dem «Focus».

Autorin: Uta Winkhaus

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021340 Sep 12

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