Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 16:30 Uhr, 23.09.2012

Gefährliche Freundschaft - Rocker auf der rechten Spur

 
Rocker und Rechtsextreme verbindet mehr als nur der Musikgeschmack. Immer wieder arbeiten sie Hand in Hand. Während die Rechten Waffen von den Clubs bekommen, profitieren die Rocker von der Schlagkraft ihrer braunen Kameraden.

Berlin (dpa) - Machen Rechtsextremisten und Rocker gemeinsame Sache? Eine «strukturelle Zusammenarbeit» wurde bislang stets von den deutschen Sicherheitsbehörden ausgeschlossen. Jetzt gibt es brisante DNA-Spuren, die auf mögliche Verbindungen der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zur Berliner Rockerszene hinweisen. Steckt hinter vereinzelten Freundschaften doch mehr?

Polizei und Verfassungsschutzämter beobachteten zuletzt eine zunehmende Vermischung der Szenen - vor allem im Osten. Ermittler betonen, Rechtsextremisten und Rocker hätten Gemeinsamkeiten. Etwa ein «ausgeprägtes Freund-Feind-Denken, ein Stärke vermittelndes "Wir"-Gefühl und ein provokatives Verhalten», heißt es im 2011-Bericht des Verfassungsschutzes von Sachsen-Anhalt.

Einige rechte Kameradschaften sind wie die Rocker straff organisiert. Und spätestens seit Auffliegen der Neonazi-Mordserie durch das NSU-Terrortrio Beate Zschäpe, Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos ist bekannt, dass sich die Rechten zunehmend radikalisieren und in kleinen Gruppen organisieren.

Laut Thüringer Verfassungsschutz bestehen seit längerem Kontakte zwischen Rockern und dem militanten «Thüringer Heimatschutz», dem auch das NSU-Terrortrio entstammt. Zuletzt hatte mehrere Medien berichtet, ein Rechtsanwalt habe im vergangenen Jahr die NSU-Frau Zschäpe in Erfurt bei einem Bandidos-Prozess gesehen.

Abschließend geklärt ist das bis heute nicht. Anhaltspunkte für «strafrechtlich relevante Verbindungen» zwischen den mutmaßlichen NSU-Mitgliedern und Rockerclubs gebe es nicht, heißt es bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Antifa-Gruppen verweisen dagegen darauf, dass etwa die Bandidos zuletzt in Thüringen verstärkt in der rechten Szene Mitglieder angeworben hätten.

Das alles widerspricht den bisherigen Erkenntnissen der Behörden. Erst im Juni antwortete die Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage, es gebe nur «einige wenige, einzelfallbezogene Kontakte». Überhaupt wollten die Rocker mit Neonazi-Kontakten nicht unnötig zusätzlich die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich ziehen, so ein Ermittler. Zuletzt mussten sich die Sicherheitsbehörden indes aber wiederholt den Vorwurf gefallen lassen, «auf dem rechten Auge blind zu sein».

Nun hat die Polizei nach einer Schießerei vor dem Clubhaus der Bandidos in Berlin-Wedding am 5. Juli eine DNA-Spur gefunden, die teilweise mit einer Spur aus dem letzten NSU-Versteck in Zwickau übereinstimmt. Bei der Polizei werden Machtkämpfe mit den Hells Angels als Grund der Schießerei genannt. Ein Test im Bundeskriminalamt soll nun klären, ob hinter den DNA-Proben tatsächlich der gleiche Mann steckt.

Ein hochrangiger Berliner Ermittler betont, besonders im Osten Deutschlands hätten Neonazis und Rocker oft die gleichen Wurzeln. «Viele kennen sich aus der gewaltbereiten Hooligan-Szene - teilweise noch aus DDR-Zeiten.» Einige seien später ins rechtsextreme oder ins Rockermilieu abgewandert. «Klar, die Bekanntschaften sind geblieben.»

Sorgen bereitet den Behörden ein Geschäftsfeld der Rocker: der Waffenhandel. Immer wieder registrieren die Ermittler Fälle, in denen Rocker rechten Freunden Waffen besorgen. «Den Clubs ist es wie jedem anderen Händler zunächst einmal egal, wohin die Waffen gehen und was damit passiert», sagt ein leitender Kriminalbeamter.

Die Nähe von Rockern und Nazis zeigt ebenfalls ein Fall aus Schleswig-Holstein: Der ehemalige NPD-Landeschef Peter Borchert soll als Bandidos-Chef in Neumünster Neonazis um sich gescharrt haben. Inzwischen sitzt er im Gefängnis - auch wegen illegalen Waffenhandels.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es inzwischen auch den ersten offen rechtsextremen Rockerclub - die «Schwarze Schar» in Wismar. Enge Beziehungen bestehen etwa zum Gremium MC - einem Rockerclub, der zuletzt auch in Berlin etliche Neonazis aufgenommen hat.

Eine weitere Gemeinsamkeit: Auch bei den Rockern gibt es etliche Rassisten, viele gehen zu Rechtsrock-Konzerten - organisiert etwa vom militanten Neonazi-Netzwerk «Blood & Honour». Eine alte Regel der Hells Angels lautet, «no Niggers in the club.» Das gilt für einige Biker nach wie vor.

Von Julian Mieth

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231630 Sep 12

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