Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 17:19 Uhr, 12.01.2014

Mit Frust in den Wahlkampf - Sachsens SPD muss Hausaufgaben machen

 
Die Kandidatenliste steht. Der Wahlkampf kann Fahrt aufnehmen. Aber es bleiben Blessuren bei Sachsens SPD. Ein Start nach Maß sieht anders aus.

Frankenberg (dpa/sn) - «Wunden lecken ist jetzt nicht angesagt», meint Martin Dulig. «Offene Worte schon», wird er später ergänzen. Sachsens SPD-Frontmann für den Landtagswahlkampf hat einen turbulenten Samstag und eine kurze darauffolgende Nacht hinter sich. Gerade offiziell zum Spitzenkandidaten seiner Partei gekürt, muss er sich um Frustrierte kümmern, Dinge richtigstellen, Nachrichten im Netz kommentieren.

Damit nicht genug: Über Facebook erfährt er am Sonntagmittag, dass sein Vorgänger Thomas Jurk eines seiner jetzigen Ämter hinwirft - der Bundestagsabgeordnete will nicht länger Kreisvorsitzender in Görlitz sein. Dulig ist betroffen, verliert er doch einen langjährigen, erfahrenen Mitstreiter.

Die emotionsgeladene SPD-Konferenz, auf der am Samstag die Listenplätze für die Landtagswahl am 31. August vergeben wurden, werde die Partei noch einige Zeit beschäftigen, sagt der 39-jährige Partei- und Fraktionschef. «Dennoch: Wir brauchen alle Kraft für den Wahlkampf, denn die zehn Prozent der letzten Wahlen sind nicht das Ende der Fahnenstange.»

Duligs Listenvorschlag kam auf der Konferenz im mittelsächsischen Frankenberg nicht ohne Veränderungen durch. Mehr noch: Kampfkandidaturen wirbelten Staub auf, erzürnten Unterlegene. Unterstützer von Gescheiterten wie die Landtagsabgeordnete Eva-Maria Stange saßen mit Wuttränen in den Augen da. Sie ist - wie Jurk - noch am Sonntag tief betroffen. «Frankenberg war eine Art Zäsur.» Die einstige Wissenschaftsministerin will nun in ihrem Dresdner Unterbezirk, der als zerstritten gilt, eine offene Debatte «über das, was da hinter den Kulissen gelaufen ist».

Gelaufen waren offenkundig Absprachen, Dresdner Kandidaten auf bessere Plätze als vorgesehen zu bringen. Das geschah zunächst auf Kosten des Finanzpolitikers Mario Pecher. Der Zwickauer Landtagsabgeordnete musste nach der vergeblichen Kandidatur um Platz sieben - den der Dresdner Albrecht Pallas nun besetzt - überzeugt werden, überhaupt noch einmal anzutreten. «Ohne inhaltliche Gründe wurde gegen ihn kandidiert», sagt Stange.

Diese und weitere angemeldete Kampfkandidaturen eines Dresdners hatten zur Folge, dass der regionale Proporz der Liste beschädigt wurde - zum Nachteil kleiner Kreisverbände oder Unterbezirke wie der von Jurk. «Ich erlebe hier interessante neue Mehrheiten», hatte Jurk schon in Frankenberg gewettert. Das richtete sich auch gegen seinen eigenen Kreisverband, aus dem eine Genossin entgegen dem Listenvorschlag unbedingt auf einen vorderen Platz wollte.

Einiges konnte schließlich repariert werden, nachdem Dulig und sein Generalsekretär Dirk Panter nachdrücklich Solidarität einforderten. Dennoch warf Jurk das Kreis-Handtuch. Er will wie Stange jetzt eine offene Debatte. Die ist bereits im Gange, beweisen schon die nächtliche Kommentare in sozialen Netzwerken.

«Wir haben bei allem Streit und Veränderungen der Liste ein gutes Angebot an Kandidaten», sagt Parteichef Dulig. «Und die Risse, die sich aufgetan haben, werden wir angehen.» Er wiederholt seinen Appell, dass große Unterbezirke die Pflicht haben, nicht nur auf ihre Interessen zu schauen. «Gegenkandidaturen sind nicht schlimm. Aber es braucht Solidarität, und die ist doch ein Markenkern unserer Partei.»

Ein Mann bewies am Samstag in den Augen etlicher Delegierter enorme Größe: Der Dresdner Staatsanwalt Christian Avenarius. Gesetzt auf Platz 15, auf den schließlich der Zwickauer Pecher gewählt wurde, zog er gleich zwei Mal seine Kandidatur zurück, um den Proporz auf der Liste noch irgendwie zu retten. Schließlich trat der 54-Jährige gar nicht mehr an. Dulig meint: «Er ist zu einer moralischen Instanz geworden.»

Petra Strutz

dpa stz yysn z2 sck
121719 Jan 14

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