Karl Nolle, MdL

spiegel online, 10:06 Uhr, 07.11.2014

Mauerfall-Gedenken: Eklat im Bundestag - Biermann nennt Linke "Drachenbrut"

 
Der Liedermacher Wolf Biermann teilt im Bundestag kräftig gegen die Linke aus. Bei der Feierstunde zum Mauerfall bezeichnet er die Partei als "Drachenbrut". Deren Abgeordnete sind empört.

Berlin - Scharfer Wortwechsel in der Feierstunde: Der Liedermacher Wolf Biermann hat die Linke in der Gedenksitzung des Bundestags zum Fall der Mauer vor 25 Jahren frontal angegriffen. Die Linke sei "der elende Rest dessen, was zum Glück überwunden ist", sagte Biermann am Freitag im Reichstag, in den er eigentlich zum Singen eingeladen worden war. Der "Ironiker" Norbert Lammert habe ihn eingeladen, um der Linken ein paar Ohrfeigen zu verpassen.

Mit Verweis auf seine Bezeichnung als "Drachentöter" sagte der Liedermacher, er könne "nicht die Reste der Drachenbrut" niederschlagen, "die sind geschlagen". Es sei "Strafe genug" für die Linken, "dass sie hier sitzen müssen und sich das anhören müssen".

Auf Einwurf aus der Linksfraktion, sie seien gewählt, erwiderte Biermann, eine Wahl sei doch "kein Gottesurteil". Die Linke sei in Wahrheit "reaktionär". Im Anschluss an den Schlagabtausch trug Biermann sein Lied "Ermutigung" vor, das vor allem bei den Oppositionellen in der damaligen DDR populär war. Biermann selbst nannte es "ein Stück Seelenbrot" insbesondere für die Insassen von DDR-Gefängnissen.

"Ihr seid dazu verurteilt, das hier zu ertragen"

Bundestagspräsident Lammert sagte zu Biermanns ungewöhnlichem Auftritt mit einem Hinweis auf die Geschäftsordnung: "Sobald Sie für den Bundestag kandidieren und gewählt werden, können Sie auch reden. Jetzt sind sie hier, um zu singen." Biermann entgegnete: "Das Reden habe ich mir in der DDR nicht abgewöhnt und werde das hier schon gar nicht tun." An die Adresse der Linken sagte er: "Ihr seid dazu verurteilt, das hier zu ertragen. Ich gönne es Euch."

ZUM THEMA

Die LINKE stellte zum 25-jährigen Mauerfall eine umfangreiche Erklärung ins Netz, die wir hier dokumentieren:
http://www.karl-nolle.de/aktuell/presse/id/12139

Dieter Dehm, MdB (Die LINKE), Biermanns langjähriger Manager in West Deutschland, nach seiner DDR-Ausbürgerung 1976,  schrieb anläßlich Biermanns Auftritt im Bundestag am 7.11.14 einen Offenen Brief, den wir hier ebenfalls dokumentieren: 
http://www.karl-nolle.de/aktuell/presse/id/12141 
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi ignorierte in seiner Rede Biermanns Attacken. Er beklagte Versäumnisse bei der deutsch-deutschen Wiedervereinigung, es habe keine echte Vereinigung der beiden deutschen Staaten gegeben. Er betonte, in der DDR habe eine Diktatur und grobes Unrecht geherrscht - blieb aber bei seiner Haltung, die DDR nicht pauschal als Unrechtstaat zu bezeichnen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring Eckardt sagte: "Natürlich war die DDR ein Unrechtstaat."

Der Auftritt des 1976 aus der DDR ausgebürgerten Biermann hatte bereits vor der Veranstaltung für Ärger gesorgt. Die Linke - als SED-Nachfolgepartei immer wieder von Biermann kritisiert - fühlte sich bei der Festlegung des Programms übergangen. Sie verlangte, dass er seinen Auftritt nicht für Parteienkritik nutzt.

"Blanker Zynismus"

Lammert kritisierte in der Gedenkstunde auch den Diebstahl von 13 Gedenkkreuzen für die Opfer der Berliner Mauer: "Sie sind vor einigen Tagen gestohlen worden mit einer heldenhaften Attitüde und einer pseudohumanitären Begründung, die man für blanken Zynismus halten muss". Aktivisten eines "Zentrums für politische Schönheit" wollen die Kreuze an die Grenzen Europas bringen, um auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam zu machen. Nach dem Mauerfall-Jubiläum wollen die Diebe alle Kreuze zurückbringen, die Polizei ermittelt wegen "besonders schwerem Diebstahl".

Bei seinem Auftritt im Deutschen Bundestag sorgte der Liedermacher Wolf Biermann für einen Eklat. Doch es ging auch musikalisch zu - hier ist der Songtext seines zu DDR-Zeiten geschriebenen Liedes "Ermutigung".

Der Songtext zu Biermanns "Ermutigung"

"Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit. Die allzu hart sind, brechen, die allzu spitz sind, stechen und brechen ab sogleich. Und brechen ab sogleich.

Du, lass dich nicht verbittern in dieser bitteren Zeit. Die Herrschenden erzittern, sitzt du erst hinter Gittern, doch nicht vor deinem Leid. Doch nicht vor deinem Leid.

Du, lass dich nicht erschrecken in dieser Schreckenszeit. Das wollen sie doch bezwecken, dass wir die Waffen strecken schon vor dem großen Streit. Schon vor dem großen Streit.

Du, lass dich nicht verbrauchen, gebrauche deine Zeit. Du kannst nicht untertauchen, du brauchst uns und wir brauchen grad deine Heiterkeit. Grad deine Heiterkeit.

Wir wollen es nicht verschweigen in dieser Schweigezeit. Das Grün bricht aus den Zweigen, wir wollen das allen zeigen, dann wissen sie Bescheid. Dann wissen sie Bescheid."

Mit dem Gedenken im Bundestag hat eine Reihe von Veranstaltungen zur Erinnerung an den 9. November 1989 begonnen. In Berlin findet bis Sonntag ein umfangreiches Festprogramm statt. Am Nachmittag eröffnet Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in der Nähe des Reichstags eine Installation mit etwa 8000 leuchtenden Ballons. Sie zeichnen auf rund 15 Kilometern einen Teil der einstigen Grenze in Berlin nach. Zudem wird der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow am ehemaligen Grenzkontrollpunkt Checkpoint Charlie eine Ausstellung zum Kalten Krieg besuchen.

ler/mxw/AFP/dpa

URL:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mauerfall-biermann-nennt-linke-drachenbrut-a-1001556.html

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