Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 13.06.2015

Konservative Uneinigkeit (im Dresdner Rathaus)

 
CDU und AfD unterstützen Dirk Hilbert doch nicht bei der OB-Wahl. Die sicher geglaubte bürgerliche Mehrheit wackelt.

CDU und AfD geben zunächst keine Wahlempfehlung für Dirk Hilbert (unabhängig, FDP) als Oberbürgermeister ab. „Wir nehmen die Entscheidung von Dirk Hilbert zur Kenntnis, dass er keine Vereinbarung mit uns treffen will“, so CDU-Chef Christian Hartmann. Dadurch fehle der CDU aber ein klares Bekenntnis zu bürgerlichen Themen von Hilbert. Die AfD habe keiner der anderen Bewerber überzeugt, so Ex-Kandidat Stefan Vogel. Damit wird es wieder spannend im Wahlkampf.

Am Wahlabend vergangenen Sonntag sah das noch ganz anders aus. Die Oberbürgermeisterkandidaten Hilbert, Markus Ulbig (CDU), Tatjana Festerling (Pegida) und Vogel sagten unisono, Rot-Grün-Rot habe keine Mehrheit in Dresden. Nun gelte es, die von Linken, Grünen und der eigenen SPD unterstützte Konkurrentin Eva-Maria Stange zu verhindern. „Um das zu erreichen, will ich das bürgerliche Lager einen“, kündigte Hilbert da noch an.

Am Montag verhandelten Ulbig und Hilbert. Man wollte die Schuldenfreiheit, keine Steuererhöhungen, weitere Investitionen in Kitas und Schulen als gesetzt schriftlich vereinbaren. Ulbig sei sogar von der von ihm geforderten kommunalen Wohnungsbaugesellschaft abgerückt. Die CDU habe mit Hilbert vereinbart, zu prüfen, ob ein städtischer Wohnungsbestand wieder aufgebaut werden kann. „Wir waren uns einig, dass es nur noch um die Formulierung des Papiers geht“, so Ulbig.

Doch dann schwenkte Hilbert um. Er teilte mit, dass er keine Vereinbarung treffen werde, mit niemandem. „Das tolle Wahlergebnis musste man erst mal setzen lassen“, so Hilberts Wahlkampfsprecherin Jenny Engländer. Gerne hätte er die Wahlempfehlungen, aber ohne Zugeständnisse von ihm. „Solche Gespräche sind kein Basar“, so Engländer. „Die CDU fordert eine eindeutige Erklärung Hilberts zu bürgerlichen Themen, zumal man sich in vielen Punkten einig ist“, sagt Hartmann. „Wir brauchen keine schriftliche Vereinbarung. Der Vorschlag dafür kam nicht von uns, sondern von Dirk Hilbert.“

Der setzt auf Überparteilichkeit und damit gut 20 Prozent der Stimmen aufs Spiel – und den Wahlsieg. Ulbig erreichte 15,4 Prozent im ersten Wahlgang und Vogel 4,8 Prozent. Nur Pegida (9,6 Prozent) unterstützt Hilbert. Auch die AfD fordert klare Aussagen von Hilbert. Er solle erklären, wie er die stagnierende Wirtschaft ankurbeln und sein Wahlversprechen – Vollbeschäftigung bis 2022 – umsetzen will, fordert Vogel. „Dann schließe ich nicht aus, ihn zu unterstützen.“ Vogel will vor allem eine Verstärkung von Rot-Grün-Rot im Stadtrat durch eine Oberbürgermeisterin Eva-Maria Stange verhindern.

Auch bei der CDU lautet das eindeutige Ziel, Stange zu verhindern. „Sie wird von Linken, Grünen und SPD unterstützt, die sich klar gegen die CDU positioniert haben“, so Hartmann. Die CDU habe vor allem mit der Linken ein Problem. Wenn Hilbert sich nun deutlich positionieren würde, stünde die CDU für weitere Gespräche bereit. Hilbert lehnt aber jegliche Zugeständnisse ab: „Als Kandidat und als Oberbürgermeister bin ich unabhängig und ausschließlich den Bürgern verpflichtet.“

„Alle wollen dasselbe“

Hilbert will kommende Woche mit allen Partei- und Fraktionschefs im Stadtrat sprechen und nach Gemeinsamkeiten suchen.
 
Dresden habe politische Gräben nicht verdient. Ein Lagerwahlkampf würde sie nur vertiefen. „Dafür gibt es gar keinen Grund. Die Wahlprogramme zeigen: Alle wollen im Grunde dasselbe. Eine lebens- und liebenswerte Stadt für alle“, so Hilbert.

Die CDU nimmt Hilbert übel, dass er die klare Position für das bürgerliche Lager aufgibt. „Dirk Hilbert sollte darüber nachdenken, ob das der richtige Weg ist“, so Ulbig. „Die Wähler wollen einen bürgerlichen Kandidaten. Das verlangt eine klare Positionierung.“ Fraktionschef Jan Donhauser sagt: „Überparteilichkeit ist keine Strategie. Es stärkt die Wahlchancen von Frau Stange, wenn wir uns uneinig sind.“ Hilbert könnte so zum Problem für die konservative Seite werden. Eines, das sich die CDU selbst geschaffen hat. 2008 haben OB Helma Orosz und die CDU Hilbert zum Vize-OB gemacht. Das war die Vereinbarung, damit Hilbert im zweiten Wahlgang Orosz unterstützt. Sie hätte es wohl ohne Hilbert geschafft. In der Fraktion gab es damals Streit, weil einige eine Situation wie nun befürchtet haben: Hilbert vertrat Orosz gut, holte nun die meisten Stimmen im bürgerlichen Lager, und die CDU ist raus.

Als der bürgerliche Schulterschluss klar schien, erhöhten sich die Chancen des Zweitplatzierten Hilbert. Nun liegt der Vorteil eher wieder bei der führenden Stange. Es bleibt wohl spannend bis zum Schluss. Neben Stange und Hilbert tritt nur noch Außenseiterin Lara Liqueur (Die Partei) erneut an. Die anderen zogen am Freitag zurück.

Karl Nolle im Webseitentest
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