Karl Nolle, MdL

Rede im Plenum des Sächsischen Landtages, 33. Sitzung , TOP 4, DS 3/2212, 15.03.2001

Schlußwort und Rede zum Entschließungsantrag der SPD-Fraktion

Große Anfrage zum Südraum Leipzig Drucksache 3/3834
 
1 Vizepräsidentin Frau Dombois: Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 3/3834 auf und bitte um Einbringung. Herr Abg. Nolle, bitte.

Nolle, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hardraht, Sie haben mit Ihren Ausführungen teilweise Recht, jedoch wurde das Elend von Ihnen auch nur übernommen und nicht ursprünglich produziert. Deshalb muss ich mich aber besonders darüber wundern, liebe Kolleginnen und Kollegen, was der Kollege Jähnichen von sich gegeben hat, denn wenn ich mich richtig erinnere und mich mein Kurzzeitgedächtnis noch nicht ganz trübt, dann war dieser Mann irgendwann, vor grauer Vorzeit für die Aufstellung der regionalen Struktur- und Entwicklungspläne zuständig. Ebenfalls war er für das Chaos zuständig. Wahrscheinlich hat er das Chaos auch deshalb verlassen müssen, damit man es jetzt in kürzerer Zeit in den Griff bekommt.

Wie schnell das gehen kann, können wir sehen, meine Damen und Herren! Gestern hat die SPD-Fraktion den Antrag gestellt, den regionalen Struktur- und Entwicklungsplan Westsachsen zu verabschieden. Heute hat es die Staatsregierung gemacht. Das ist eine stolze Leistung. So hören die auf uns, das ist doch prima! Darüber kann ich mich nur freuen.

(Beifall bei der SPD)

Eines ist jedoch auch klar - das ist der Grund für unseren Antrag -: Wenn ich mich richtig informiert habe, dann ist 1996 beschlossen worden, dass fünf regionale Struktur- und Entwicklungspläne aufgestellt werden. Ich glaube, heute haben wir 91. Herr Hardraht, ich denke, das ist etwas länger als zwei Monate her. Man hätte viel Zeit gehabt, um diese Pläne zustande zu bringen. Wir haben dies öfter - ich glaube, ich in meinen Reden vor dem Plenum mindestens fünf Mal - angemahnt; es ist nichts passiert. Die heiße Kartoffel dieser Pläne ist zwischen Wirtschaftsministerium und Landwirtschaftsministerium hin- und hergeschoben worden. Letztlich ergaben sich erst substanzielle Fortschritte, nachdem Ihr Ministerium die Arbeit übernommen hatte. Die Bürgermeister und die Landräte beklagen sich zu Recht darüber, dass sich der Amtsschimmel hier dermaßen ausgeruht hat und die notwendigen Prozesse nicht eingeleitet worden sind.

Der Kollege Clemen hat vorhin gesagt, ich hätte behauptet, die vernetzte Region würde durch die CDU verhindert. Er möchte doch bitte im Protokoll nachschauen. Ich habe davon kein Wort gesagt. Er muss unter Halluzinationen leiden. Eine solche Behauptung ist also falsch. Ich glaube, er ist schon nach Hause gegangen. Er sollte nicht hier herumtrommeln und dann zu Hause Musik machen. Das geht nicht.

Herr Prof. Mannsfeld hält sicher lehrreiche Vorlesungen. Ich glaube, dass es in dem ganzen Prozess seit 1996 sehr sinnvoll gewesen wäre, wenn Sie Vorlesungen vor dem sächsischen Amtsschimmel gehalten hätten, damit diese regionalen Struktur -und Entwicklungspläne auch zustande kommen.

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Nicht einmal der hat ihm zugehört!)

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Nolle, würden Sie bitte den Änderungsantrag einbringen!

Nolle, SPD: Wir gehen davon aus, dass sich Punkt 1 unseres Antrages durch die folgsame Staatsregierung, die dies heute sofort geändert hat, erledigt hat. Wir würden uns freuen, wenn die anderen beiden Punkte auch so unbürokratisch erledigt werden könnten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Vielleicht gibt es ja morgen die Nachricht, dass das so ist. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, so würde ich es gern noch einmal begründen.

Zunächst zu Punkt z. Angesichts der Antwort auf diese Große Anfrage haben wir das Problem, dass die Statistik, die angefertigt werden soll, oftmals nicht greift, weil die Räume nicht definiert sind, für die die Zuständigkeit dieser Statistik ausgewiesen wird. Es ist ganz klar: Wenn Raumgrenzen durch Gemeinde- oder Stadtteile verlaufen, dann muss dies in der Statistik Berücksichtigung finden. Andernfalls erhalte ich keine konkreten Aussagen. Meine Damen und Herren! Es ist ein Aberwitz, dass wir von der Opposition eine solche Forderung aufstellen müssen.

Es ist auch ein Aberwitz, dass diese Große Anfrage von der SPD gestellt werden muss und nicht von Ihnen kommt, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, denn im Grunde haben Sie doch ein Interesse an diesem Zahlenmaterial. Schließlich regieren Sie; wir regieren ja noch nicht.

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Ihr wollt mitregieren!)

Aber ich danke Ihnen natürlich sehr dafür, dass Sie uns die Gelegenheit gegeben haben, mit dieser Großen Anfrage auf die blinden Flecken Ihrer Politik hinzuweisen.

Der zweite Punkt, den wir eingebracht haben, betrifft die Abgrenzung der Statistik.

Der dritte Punkt geht auf die Förderbrücke Zwenkau ein. Dabei handelt es sich um einen einmaligen Industrieriesen. Ein besonderes Highlight christdemokratischer Tourismuspolitik ist die nach den Bürgermeister- und Landratswahlen beabsichtigte Sprengung dieser Förderbrücke. Sie soll, so ist von königlicher Seite zu hören, probegesprengt werden und anschließend durch heimatverbundene ABM-Kräfte als Legospiel mit Elektroantrieb und Umschulungszertifikat wieder aufgebaut werden.

Sie halten das alles für Wahnsinn, liebe Kolleginnen und Kollegen? Es ist natürlich falsch, was ich gesagt habe. Aber nicht alles! Mit der Sprengung, das stimmt. Es ist leider die bittere Wahrheit, dass im Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli die Brücke gesprengt werden soll, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.

Diese Brücke war bisher integrierter Bestandteil eines Tourismuskonzeptes für den Zwenkauer See. Ich habe einmal auf der Weltkugel nachgesehen. Dort habe ich den Zwenkauer See gefunden. Ich bin in der Gegend nicht so bewandert. Deshalb habe ich mir den Globus von Leipzig besorgt, auf dem ich den See gefunden habe. Dabei habe ich festgestellt, dass in dieses Tourismuskonzept eine Million Mark Planungskosten bereits eingegangen sind. Woher kommt denn diese Million? Wer hat sie ausgereicht? Wer hat sie genehmigt? Wer hat sie bezuschusst? Hat sie einer gesponsert? Eine Million ist schließlich kein Pappenstiel.

Da die Flutung des Zwenkauer Sees noch lange nicht abgeschlossen ist, hat sich bisher auch noch kein Investor für die Förderbrücke gefunden. Das hat natürlich auch damit etwas zu tun, dass das sehr lange dauert, viel länger, als man es sich immer gedacht hat.

Meine Damen und Herren! Diese Zwenkauer Brücke ist die letzte gigantische Förderbrücke in Mitteldeutschland, ein Industriedenkmal und touristisches Highlight. Sie wäre es wert, nicht gesprengt zu werden.

(Beifall bei der SPD - Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Die LMBV als Verwalterin muss jedoch aus bergrechtlicher Sicht sprengen, wenn der Erhalt der Förderbrücke nicht bis zur Umgestaltung im Rahmen eines Nutzungskonzeptes für den Zwenkauer See gesichert wird. So lautete vor zwei Tagen die Auskunft, die wir uns vor Ort eingeholt haben. Ich war persönlich dort. Da ich ja angeblich keine Ahnung habe, bin ich selbst hingefahren und habe mir die Situation angesehen. Ich habe es wiedererkannt: Es stimmt, was sie sagen.

Hierzu benötigt die LMBV vorerst 8,8 Millionen DM zur Sicherung. Weitere 15 Millionen DM braucht sie zur Rücklagenbildung. Das sind Zahlen, die uns der Geschäftsführer der LMBV genannt hat.

Die Staatsregierung hat sich zwar zu einer touristischen Entwicklung, die an die Traditionen des Braunkohlenbergbaus anknüpft, bekannt, aber wenn es um den Erhalt dieses beeindruckenden technischen Denkmals geht, lässt sie die Akteure im Regen stehen.

Ich habe manchmal den Eindruck, meine Damen und Herren, wir seien Abgeordnete des Bundestages, denn hier ist vom Bundestag häufiger die Rede als vom Landtag, vom Ministerpräsidenten dieses Landes oder von denjenigen, die in diesem Lande Politik machen. Der Hinweis auf die Bundesebene hilft uns in Zwenkau nicht wesentlich weiter, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und PDS)

Wo ist denn Ihre Politik in diesem Land für diese Brücke? Oder ist das neuerdings auch schon in den Zuständigkeitsbereich von Gerhard Schröder gefallen?

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Nolle, denken Sie bitte an die Einbringung!

Nolle, SPD: Natürlich tue ich das.

(Eggert, CDU: Herr Nolle, denken Sie überhaupt einmal! -Heiterkeit bei der CDU)

- Was haben Sie gesagt?

(Eggert, CDU: Ich habe gesagt, dass Sie überhaupt einmal denken sollten!)

- Ich habe es nicht verstanden, tut mir Leid.

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Nolle, morgen früh ist hier ein Hörtest! - Heiterkeit bei PDS und CDU)

- Es war zu schwierig. Es war wirklich zu schwierig, das zu verstehen.

(Eggert, CDU: Sehen Sie! Sag ich es doch!)

Ich denke, meine Damen und Herren, dass die Probesprengung, die kommen wird, sicherlich keine Probesprengung wird. Dies ist beschlossene Sache. Übrig bleibt ein historischer Trümmerhaufen, ein politischer Schrotthaufen Ihrer Tourismusattraktion mit einer Million DM in den Sand gesetzter Planungskosten.

Damit so etwas nicht geschieht, meine Damen und Herren, haben wir diesen Antrag eingebracht.

Gestatten Sie mir, dass ich zum Schluss einige schöne Worte, die
wir 1999 von unserem König gehört haben, zitiere -

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Nolle, wenn das mit zur Einbringung gehört, gestatte ich das Zitat. Ansonsten erlaube ich es nicht.

Nolle, SPD: Ja, das gehört mit zur Einbringung.

(Eggert, CDU: Sie könnten eigentlich auch noch ein Lied singen!)

Er sagte in Bezug auf die Regionen: "In den kommenden Jahren können wir unsere Anstrengungen und die Förderung nun deutlicher auch auf die Entwicklung der Regionen außerhalb der Ballungszentren ausrichten. Das geschieht vor allem durch den nachhaltigen Ausbau der Infrastruktur und die Anbindung an die überregionalen Verkehrsadern. Die Staatsregierung wird mithelfen, dass der Abstand von den starken Regionen wesentlich verringert wird. Dabei geht es vor allem um den Südraum Leipzig, die Region Oberlausitz-Niederschlesien, den Raum Torgau-Oschatz-Döbeln und das Vogtland. Alle diese Regionen haben spezifische Stärken. Sie werden weiterentwickelt und ausgebaut. Der Freistaat wird sie dabei unterstützen."

Ich kann dazu nur sagen:

Bla, bla, bla.

Es ist Hohn für das, was seit 1999 eigentlich geschehen ist.


(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Lattmann-Kretschmer, PDS)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: