Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 27.09.1999

Kunckel fehlte beim "kleinen Parteitag"

Wahlkampfteam rückte vom Wahl-Verlierer ab
 
CHEMNITZ. Der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende spielte schon keine Rolle mehr. Zur ersten Sitzung des Landesparteirates der SPD nach dem Wahlsonntag, dem sogenannten "kleinen Parteitag", war Karl-Heinz Kunckel gar nicht erst erschienen.
Die genauen Gründe, warum er am Mittwochmorgen entgegen seiner zuvor geäußerten Absicht auf eine Kandidatur für den Fraktionsvorsitz verzichtete, bleiben im Dunkeln. Die Entscheidung darüber muss er am Dienstagnachmittag gefällt haben. Da glühten bei der SPD die Telefonleitungen, der Hergang ist in der Rückschau kaum mehr zu rekonstruieren.
Nicht mehr gesehen
Die Männer seines Wahlkampfteams, der DGB-Vorsitzende Hanjo Lucassen und der Arbeitgeberpräsident Karl Nolle, die er gegen Widerstände in den eigenen Reihen, unter Einsatz seiner Person, auf vordere Plätze der Landesliste gezogen hatte, waren von ihm abgerückt oder ließen zumindest wenig Unterstützung erkennen.
Mag sein, dass er von seinem Fraktionskollegen Thomas Jurk Zuspruch erhofft hatte, als er ihn am Dienstagabend über seinen beabsichtigten Verzicht informierte. Doch Jurk trug sich selbst mit dem Gedanken, das Heft in die Hand zu nehmen. Da wandte sich Kunckel enttäuscht ab und ist seither in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen worden.
Die Partei ist zur Tagesordnung übergegangen. Der Parteirat in Chemnitz jedenfalls habe keine Diskussion zum "Königsmord" geführt, hieß es. Über den Mann, der die sächsische SPD neun Jahre lang prägte, ist offensichtlich fast kein Wort gefallen.
Die Debatte wird, von Frank Michalski, dem Vorsitzenden den Parteirates, als "nicht kontrovers" beschrieben. "Eine ehrliche Diskussion, jeder konnte sich das Herz ausschütten." Konsens war, dass vor allem das Erscheinungsbild der Bundesregierung für das Wahldesaster der sächsischen SPD verantwortlich zu machen sei.
Der künftige Kurs der sächsischen SPD bleibt weiter unklar. Befürchtungen, dass nach der Wahlniederlage an der Basis Streit um Personen ausbrechen könnten, erfüllten sich nicht. Ein Antrag des Unterbezirkes Erzgebirge, der den kompletten Landesvorstand zum Rücktritt aufforderte, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Krehl mit Chancen
Gestärkt wurde die designierte Landesvorsitzende Constanze Krehl aus Leipzig. Sie zeigte sich zufrieden. Der Parteirat unterstützt ihre Kandidatur für das höchste Parteiamt und folgt damit einer Empfehlung des ehemaligen Vorsitzenden Kunckel. Krehl übt den Landesvorsitz seit einer Woche kommissarisch aus und will sich Ende Oktober einem außerordentlichen Parteitag zur Wahl stellen.
Sie mahnte die Unterstützung der Bundespartei bei der Reorganisation der sächsischen SPD an.
(Ralf Hübner)

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