Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 06:30 Uhr, 28.03.2014

Weitere Verfassungsbeschwerde wegen Funkzellenabfrage in Dresden

 
«Handygate» geht weiter: Ein weiterer Linkspolitiker will nicht hinnehmen, dass der Staat massenhaft Daten sammelt und dabei unbescholtene Bürger ins Visier der Justiz geraten.

Dresden (dpa/sn) - Die massenhafte Erhebung von Handydaten nach Protesten gegen Neonazis 2011 in Dresden zieht erneut eine Verfassungsbeschwerde nach sich. Rechtsanwalt André Schollbach leitete jetzt im Auftrag des Dresdner Stadtrates Hans-Jürgen Muskulus (Linke) entsprechende Schritte am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Die Beschwerde sei dort Anfang dieser Woche eingegangen, sagte Schollbach der Nachrichtenagentur dpa. Er habe eine automatische elektronische Bestätigung erhalten. Vom Gericht konnte der Eingang auf Nachfrage zunächst noch nicht bestätigt werden.

Schollbach vertritt in dieser Sache schon zwei andere Linkspolitiker aus Sachsen: Parteichef Rico Gebhardt und der Landtagsabgeordnete Falk Neubert hatten im Mai 2013 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, wehrt sich auf diese Weise gegen die Datenerfassung. «Ich werde mich nicht damit abfinden, dass angesichts einer Demonstration von Nazi- Gegnern im Februar 2011 über eine Million Verkehrsdatensätze von Handys erfasst wurden», erklärte Muskulus. Die sächsischen Behörden hätten «jegliche Verhältnismäßigkeit» verloren.

Am 19. Februar 2011 war es am Rande von Demonstrationen gegen den jährlichen Aufmarsch von Neonazis in Dresden zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Auch mehr als 100 Polizisten wurden dabei verletzt. Die Behörden leiteten eine Vielzahl von Ermittlungen ein. Bei Funkzellen-Abfragen gerieten auch Unbeteiligte ins Visier - Passanten und Bewohner betroffener Stadtteile. Das Vorgehen sorgte als «Handygate» für Schlagzeilen. Die Behörden erfassten und speicherten Verkehrsdaten (Telefondaten wie Anrufnummern und Dauer des Gespräches) und Bestandsdaten (Namen und Anschriften).

Schollbach sieht die Grundrechte der informationellen Selbstbestimmung und des Telekommunikationsgeheimnisses verletzt. «Diese massive staatliche Ausspähung privater Daten und das Vorgehen der sächsischen Behörden deuten auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hin. Dem muss Einhalt geboten werden», betonte der Jurist, der selbst Mitglied der Linken ist. «Ich bin optimistisch, dass das Bundesverfassungsgericht unserer Argumentation folgen und der Verfassungsbeschwerde stattgeben wird.»

Autor: Jörg Schurig

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