Karl Nolle, MdL

Rede, Plenum Sächsischer Landtag, 20.01.2000

Gasölbeihilfen

CDU Antrag DS 3/0543
 
Ich kann mich als Druckereiunternehmer und Arbeitgeberverbandsvorsitzender, für den Tarife selbstverständlich sind, auch wenn sie noch nicht ganz durch dahinterstehende Gesamtproduktivität der Unternehmen begründet sind, die Unternehmen, auch aus Gründen der notwendigen Angleichung der Lebensverhältnisse ihren Mitarbeitern gegenüber in Vorleistung gehen, durchaus in das Los unserer Landwirte in Sachsen hineinversetzen.

Wer in diesm Land Tarife zahlt und sich dazu, auch aus volkswirtschaftlichen Gründen dazu bekennt, ist gewissermaßen immer gegen den Strom unterwegs.

Anrede
Lassen sie mich damit einleiten, dass ich auch dieses Antragsvorlage in den maßgeblichen Gesamtzusammenhang stelle - und der ist und bleibt:
Das zwingende Erfordernis einer grundlegenden Haushaltskonsolidierung im Bund.
Die CDU hat das für sie einstmals so wertvolle Klischee, sie könne gut mit Geld umgehen, in mehreren Etappen verspielt.

Die letzte Etappe ist hinlänglich bekannt: Verfassungsbruch, Gesetzesbruch, Geldwäsche, Untreue, und Untergrabung einer demokratischen Parteistruktur, ja von Politik überhaupt mit mafiosen Methoden.

Bereits weit früher wurde allerdings der Beweis dafür erbracht, dass man das Geld anderer nur zu einem klaren Zweck verwaltet, Resultat:

Die Reichen wurden immer reicher, die Armen immer ärmer - und der Staat wurde bettelarm.

Tag für Tag zahlt allein der Bund 220 Mio. DM Zinsen an die Banken.
Der Einsicht der Mehrheit der Menschen, dass es so nicht weitergehen kann, verdankt die CDU ganz wesentlich ihre 98er Wahlniederlage.

Selbst den Magnaten des Großkapitals soll es, nachdem Schröder und Eichel erfolgreiche Wirtschaft- und Finanzpolitik machen, ganz schwindlig werden bei dem Gedanken, wie es jetzt um den Standort Deutschland stünde, hätten die Wähler Kohl und seine Demokratur nicht in die Wüste geschickt.

Während die Herren Waigel und KohlKohl (der erfreulicherweise jetzt seltener) im Bundestag in aller Ruhe Bonbons lutschen, mussten andere erfahren, wie sie in den Schulden anderer schwimmen lernen.

Regieren heißt, das zu tun, was erforderlich und machbar ist - und regieren lernt man nur beim Regieren und nicht beim Wettwünschen meine Damen und Herren.

Und glaube niemand, dass es irgendwem im rotgrünen Lager Freude bereitet, auch den von einer chronischen Strukturkrise gebeutelten Bauern, wie allen anderen, in die Tasche greifen zu müssen.

Es ist und bleibt die pure Not von 1,5 Bio. DM Staatsschulden, 1500 Milliarden, die dazu zwingt, jedem - aber auch jedem in diesem Land einen Teil der Last aufzuschnüren.
Und so musste auch der Agrarhaushalt seine 7,4 % hergeben.
857 Mio. DM in 2000 - im Jahr 2003 werden es gar 1,429 Mrd. DM sein.

Nach Beratungen im Vermittlungsausschuss hat der deutsche Bundestag das Haushaltssanierungsgesetz beschlossen ... und somit auch die im CDU-Antrag kritisierten Regelungen.

Wir wissen, dass diese Einsparungen einschneidend sind, im Interesse künftiger Generationen sind sie jedoch unumgänglich.

Zu den Fakten:
Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft nicht zu stark einzuschränken, wurde die Gasölverbilligung nicht - wie zunächst geplant - ganz abgeschafft, sondern lediglich auf einen Sockelbetrag von 375 Mio. DM reduziert. Damit bleibt eine Gasölverbilligung von 30 Pf/Liter erhalten - jedoch nur bis zu einer Obergrenze von
3000 DM je Betrieb.

Das sozialdemokratische Prinzip der Solidarität der großen mit den kleinen kommt hier zur Anwendung:
Die Mittel werden auf die kleineren Betriebe konzentriert ... das ist gerecht ... steht doch ein Betrieb, der in Ermangelung von Quantität kaum Rationalisierungseffekte erschließen kann, ohnehin mit dem Rücken an der Wand.
Die sachliche Fairness gebietet es zu sagen, dass die relative Mehrbelastung größerer Betriebe zur Folge hat, dass die Ostländer 40 % der Einsparsumme tragen müssen ... und somit mehr als ihren Anteil an der deutschen Landwirtschaft.

In M-V sind beispielsweise 54 % der Betriebe von der Obergrenze betroffen, in Sachsen-Anhalt 52 %, in Brandenburg 40 % ... Sachsen liegt mit 25 % etwa im Schnitt ... am relativ günstigsten kommt der süddeutsche Raum weg.
Insgesamt erhöht sich der Gesamtaufwand der bäuerlichen Betriebe in den neuen Ländern durch die neue Regelung um etwa 1 %. Das hört sich relativ wenig an ... ist aber, anbetracht der Lage vieler Landwirte aber auch viel.

Eine relative Benachteiligung der vorgenannten Bundesländer bei den Gasölbeihilfen wird dadurch mehr als kompensiert, dass sich das größte Einsparvolumen im Bundeshaushalt ... das im Agrarsozialbereich ... zu sage und schreibe 96,5 % auf die alten Bundesländer konzentriert.

Der Beitrag der neuen Länder macht bei diesem Mammutposten ganze 25 von 709 Mio. DM aus.

Von einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit kann demnach für die sächsischen Bauern - im deutschen Maßstab gesehen - keine Rede sein.

Auch werden die deutschen Landwirte - trotz haushaltsbedingter Kürzungen der Bundesmittel - auch künftig von den finanziellen Folgen des Strukturwandels entlastet ...

Der Ernährungsausschuss des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung zudem aufgefordert, bis zum 15. Februar 2000 Vorschläge zu unterbreiten, wie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Agrarwirtschaft weiter verbessert werden kann, die Land- und Forstwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen angemessen entlastet und die Entwicklung der ländlichen Räume gesichert werden können.

Intelligente, zukunftsfähige Ideen sind gefragt und davor verschließen wir uns nicht, meine Damen und Herren.
Ich möchte jetzt nicht die alte Geschichte vom Bauern mit dem schicken Turbodiesel aufwärmen, denn das ist nicht der harte Alltag unserer Landwirte.

Ungeachtet dessen muss die Frage erlaubt sein, ob eine derart indifferente Gießkannensubvention wie die Gasölbeihilfe wirklich sonderlich zeitgemäß ist.

Deshalb geht unsere Aufforderung an Sie, Herr Staatsminister Flath,
nutzen sie das Angebot des SPD Bundesministers Karl-Heinz Funke, unterbreiten sie zukunftsfähige und bezahlbare Vorschläge, für unsere Landwirte, wir werden sie nach besten Kräften dabei unterstützen.

Im Antrag der CDU-Fraktion bringt uns auf diesem Weg allerdings nicht weiter.
Er sagt letztendlich wieder nur:

Die Bundesregierung ist böse.
Sie will allen Menschen nur schlechtes.

Nur - von Woche zu Woche glauben es weniger Bürger. Hätten wir heute Landtagswahlen, säßen mit Sicherheit 10 CDU-Volksvetreter weniger hier, meine Damen und Herren.

Darum freuen Sie sich mit uns auf das ZDF- Meinungsbarometer heute Abend!