Moral - ein Fremdwort

In einer Zeit, in der von allen Einschränkungen verlangt werden, kommt Politikerinnen und Politikern mehr denn je eine Vorbildfunktion zu. Wenn politisch Handelnde Eigennutz vor den Dienst an der Allgemeinheit stellen, also im Klartext: in die eigene Tasche wirtschaften, dann ist das nicht nur illegal, es schadet auch der Demokratie.

Es würde der Demokratie weniger schaden, wenn diese Vergehen Einzelner sofort, umfassend und konsequent verfolgt und bestraft würden. Dann nämlich blieben die Handelnden Einzelfälle - und wären nur kurz der Erwähnung wert. Doch in Sachsen haben wir dieses sofortige, umfassende und konsequente Verfolgen nicht. Wir erleben, dass Menschen in politischen Ämtern, die sich bereichern, die Freunden Vorteile verschaffen oder Nachteile ersparen, gedeckt werden. Gedeckt von Parteifreunden, die glauben inzwischen an allen Schalthebeln der Macht in Sachsen zu sitzen.

Der korrupte Bürgermeister hat als Schutzschild seinen Landrat, der Landrat ist der Kumpel vom Regierungspräsidenten und am Ende finden sich Parteifreunde in der Staatsregierung. Alle haben sie das gleiche Parteibuch. Und damit gilt, dass eine Krähe … noch keinen Sommer macht.

Wir haben uns deshalb für dieses hier vorliegende Sittenbild entschieden, weil es exemplarisch umreißt, wie Unrechtsbewusstsein und Moral in Sachsen zu Fremdwörtern geworden sind. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wir erheben nicht den Anspruch investigativ neue Fälle präsentieren zu wollen. Wir sind weder Staatsanwalt noch Richter. Wir stellen dar und zusammen, was in den letzten Jahren - auch und gerade durch unsere Arbeit - ans Licht der Öffentlichkeit kam.

Thomas Jurk
Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion